Audi setzt auf RFID-System von Dürr und Kathrein Solutions für bedarfsgesteuerte Instandhaltung

Wie ein digitaler Detektiv überwacht ein RFID-System von Kathrein Solutions in der neuen Decklacklinie für E-Fahrzeuge bei Audi in Ingolstadt die Zerstäuber und verfolgt die Spur jeder einzelnen Komponente. Die Lösung wurde von Dürr speziell für Lackieranlagen angepasst. Audi nutzt die Informationen für eine vorbeugende und bedarfsgesteuerte Instandhaltung, die Betriebskosten und Ressourcenverbrauch verringert.

BRANCHE: Automobil

Über die Dürr Systems AG

  • Maschinen- und Anlagenbauer für Automatisierung, Digitalisierung und Energieeffizienz in 33 Ländern
  • Hocheffiziente und nachhaltige Fertigungsprozesse – vor allem in der Automobilindustrie

Key Benefits

  • Automatische Identifizierung des richtigen Bauteils bei Austausch einzelner Zerstäuber-Verschleißteile durch RFID-Technik
  • Umfangreiche Informationsketten, etwa zur Anzahl der Betriebszyklen oder zu Drehzahlen, direkt auf den Komponenten
  • Bedarfsgesteuerte Instandhaltung spart Kosten

KATHREIN PRODUKTE

  • Kathrein Low Range und Wide Range Antennen
  • Speziell entwickelte Transponder mit individueller Antennengeometrie, die auch innerhalb der metallischen Lackkierkabinen zuverlässig funktionieren

PARTNER BENEFITS

  • Individuelle Transponderentwicklung für kundenspezifische Anforderungen
  • Projektunterstützung durch Kathrein

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Alle Dürr-Zerstäuber sind mit einer Schnellwechselvorrichtung ausgestattet. Der große Vorteil: Kommt es zu einer Störung oder einem Problem, kann nach einem raschen Austauschen die Produktion wiederaufgenommen werden. Diese Technik hilft, die Stillstandzeiten einer Linie auf ein Minimum zu reduzieren. Sie birgt bei bis zu 80 Zerstäubern aber auch die Gefahr von Verwechslungen für den Werker, wenn Zerstäuber, Glockenteller, Turbinen, Ventile und Lenkluftringe an Instandhaltungsplätzen dicht beieinander liegen und rasch zugeordnet, bearbeitet und wieder in die Lackierkabine eingebaut werden müssen. Die Spur, welches Teil wann in welchem Roboter verbaut war, verlor sich bislang in kürzester Zeit, auch weil sich zum Beispiel Produktion und Instandhaltung an unterschiedlichen Ort befinden oder die Überprüfung nicht in derselben Schicht stattfindet. Dadurch gestalteten sich die Kommunikationswege und die Dokumentation der einzelnen Teile oft schwierig. Diese Informationen sind für Betreiber jedoch wertvoll.

Um die Lebenshistorie nachvollziehbar zu machen, bestückt Dürr nun jede Komponente seiner jüngsten Zerstäubergeneration EcoBell4 mit RFID – die Hardware stammt von Kathrein Solutions. So wie ein Detektiv Personen überwacht, kann die Technologie Objekte identifizieren und ihren Einsatz dokumentieren. Dabei hat jede Bauteilart seinen eigenen Datensatz, woraus sich aus Ventilen zum Beispiel die Anzahl der Schaltzyklen herauslesen lassen oder aus dem Glockenteller etwa die Anzahl an Umdrehungen oder die Lackmenge, die verarbeitet wurde. Daraus wird die Standzeit errechnet, die vom Kunden individuell bei Bedarf angepasst werden kann. In der neuen Decklacklinie im Werk Ingolstadt sind 28 Lackierroboter mit der RFID-Technik ausgestattet.

RFID macht Abläufe effizienter

RFID steht für “Radio-Frequency Identification“, also Identifizierung mittels Radiowellen. Viele Branchen gestalten mit der Technologie, die Informationen drahtlos überträgt, ihre Prozesse bereits effizienter. Mittels RFID werden in Hafenterminals Container identifiziert, in Parkhäusern ticketlose Einfahrten kontrolliert und im Handel Kassenabläufe automatisiert. Einfach ausgedrückt funktioniert der kabellose Datenaustausch eines RFID-Systems, indem etwas sendet und etwas empfängt. Der Sender ist ein RFID-Transponder, der aus einem Mikrochip und einer Antenne besteht. Der Empfänger ist das RFID-Lesegerät, das die Daten des Chips ausliest und an ein Computersystem weiterleitet. Dürr erkannte die Vorteile, die die Technologie in einer Lackieranlage sowohl für eine hohe Anlagenverfügbarkeit als auch für eine effizientere Instandhaltung bietet. Da es für dieses Umfeld noch kein RFID-System gab, entwickelte Dürr eine passgenaue Lösung auf Basis der Technologie der Kathrein Solutions GmbH.

Neue Geometrie für störungsfreien Datenaustausch

In Lackierkabinen schirmt das vielfach eingesetzte Metall die Funksignale ab. Herkömmliche RFID-Chips, die in vielen Anwendungen große Reichweiten erzielen, funktionieren dort nicht. Entsprechend entwickelten die Ingenieure von Dürr und Kathrein Solutions zusammen für jedes Bauteil des Zerstäubers einen Transponder mit individueller Antennengeometrie. Chips und Reichweiten der Antennen werden hier so ausgelegt, dass die Funkwellen alle Materialien durchdringen. Innerhalb der Kabine werden Low-Range-Antennen mit geringster Störanfälligkeit verbaut, außerhalb Wide-Range-Antennen. Sie versorgen die passiven Transponder mit Energie.


Abbildung: In der neuen Decklacklinie im Audi-Werk Ingolstadt sind 28 Lackier-
roboter mit der RFID-Technik ausgestattet. Dadurch lassen sich umfangreiche
Informationsketten, etwa zur Anzahl der Betriebszyklen oder zu Drehzahlen, direkt
auf den Komponenten festhalten.

 

Lese- und Schreibfunktion auf einem Transponder

Die Transponder können Betriebsdaten sowohl lesen als auch schreiben. Dadurch lassen sich umfangreiche Informationsketten, etwa zur Anzahl der Betriebszyklen oder zu Drehzahlen, direkt auf den Komponenten festhalten. Die Speicherkapazität der Chips reicht für große Datenmengen. Die ebenfalls neu entwickelte Infrastruktur verbindet einen PC mit einer zentralen Datenbank, die sämtliche RFID-Daten einer oder mehrerer Lackierlinien verwaltet. Daran angeschlossen ist auch der Instandhaltungsplatz. Da alle Informationen sowohl in der Datenbank als auch direkt auf den Zerstäubern gespeichert sind, entsteht ein lückenloses System mit Datenzugriff auf beiden Ebenen. Der Werker kann also sowohl am Instandhaltungsplatz als auch an der Linie selbst den aktuellen Status des Zerstäubers und seiner Bauteile einsehen.

Typische Fehler in der Lackierkabine vermeiden

Nach einem manuellen Einbau konnte es immer wieder vorkommen, dass ein Glockenteller in einer falschen Lackierkabine oder für einen falschen Lackierprozess eingebaut wurde. Dies verschlechterte das Lackierergebnis und konnte in der Praxis möglicherweise erst nach mehreren falsch beschichteten Karosserien auffallen und erhebliche Nacharbeiten verursachen. Solche typischen Fehler werden in der neuen Linie bei Audi vermieden, denn die RFID-Lesegeräte identifizieren automatisch jedes Bauteil anhand einer eindeutigen Identifikationsnummer. Bei inkorrektem Austausch oder Fehlen, warnt das System über ein Pop-up-Fenster den Bediener, bevor der Lackiervorgang überhaupt gestartet wird.

Bedarfsgesteuerte Instandhaltung spart Kosten

Der RFID-Instandhaltungsplatz zeigt dem Techniker alle Spezifikationen eines Bauteils und dessen Wartungsverlauf an. Die exakte Historie ermöglicht eine bedarfsgesteuerte Wartung, die die Lebenszeit von Bauteilen optimal ausnutzt. Das spart Instandhaltungskosten, da nur ausgetauscht wird, was wirklich verschlissen ist. Außerdem erhöht sich die Anlagenverfügbarkeit deutlich, da das Bedienpersonal alle Instandhaltungsmaßnahmen vorausschauend planen kann. Detaillierte Tutorials unterstützen eine hohe Instandhaltungsqualität. Verständlich aufbereitete Videos leiten auch angelerntes Personal schrittweise durch die Prozesse, angefangen vom richtigen Werkzeug über die erforderlichen Hilfsstoffe bis hin zu den nötigen Handgriffen für einzelne Baugruppenelemente oder ganze Zerstäuber. Der Arbeitsplatz enthält alle benötigten Werkzeuge sowie einen Drucker. Damit lassen sich Etiketten mit Angaben u.a. zu Betriebsstunden und Datum der letzten Instandsetzung bedrucken, sodass der Werker in der Produktionsanlage sofort erkennt, dass es sich bei einem Bauteil um einen gewarteten, frisch aufbereiteten Zerstäuber handelt.

Nachhaltiger und effizienter lackieren

Audi hat bei der neuen Decklacklinie großen Wert auf eine nachhaltige und zugleich hochproduktive Ausstattung gelegt. Die Umgestaltung einer Linie, also der Hälfte der Decklackkapazität, verbessert die Umweltbilanz des kompletten Werks Ingolstadt. Dazu trägt die Applikationstechnik mit der sparsamen EcoBell4 mit 4-Hauptnadel-Technik bei, die den gesamten Lackverbrauch signifikant reduziert. Mit der eingesparten Lackmenge können 12.500 Karosserien zusätzlich produziert werden. Auf das Thema Anlagenverfügbarkeit zahlt die Digitalisierung des Zerstäubers ein. Denn sie ermöglicht es, das neuentwickelte RFID-System einzusetzen, um in der Lackieranlage Prozesse zu optimieren, Fehler zu reduzieren und die Effizienz zu steigern.

 

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Case Study | Audi setzt auf RFID-System für bedarfsgesteuerte Instandhaltung